Die Unterscheidung zwischen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen und nicht öffentlich bestellten Sachverständigen ist in Deutschland für Auftraggeber, Gerichte und Behörden von zentraler Bedeutung. Während ersteren eine hoheitliche Funktion und besondere Rechtssicherheit zukommt, üben letztere ihre Tätigkeit ohne formelle Bestellung aus – mit teils abweichenden Qualitätsanforderungen, Haftungsregelungen und Berufsbezeichnungen.
Was ist ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger?
Ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger wird auf Grundlage eines Gesetzes durch eine öffentlich-rechtliche Institution (z. B. Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, Architekten- oder Ingenieurkammer) formell bestellt und leistet einen Eid, der seine Unabhängigkeit und Objektivität garantiert. Er muss dafür:
Bestellungsbehörden führen ein öffentlich zugängliches Verzeichnis, in dem alle ö. b. u. v.-Sachverständigen eingetragen sind. Die Bestellung erfolgt in der Regel für eine befristete Dauer (meist fünf Jahre) und kann nach positiver erneuter Prüfung verlängert werden.
Was ist ein nicht öffentlich bestellter Sachverständiger?
Nicht öffentlich bestellte Sachverständige gliedern sich vor allem in:
Freie Sachverständige können aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation (z. B. Meisterbrief, Hochschulabschluss, langjährige Praxiserfahrung) Gutachten erstellen, sind aber weder bestellt noch vereidigt und unterliegen keiner einheitlichen öffentlichen Qualitätskontrolle. Die Berufsbezeichnung „Sachverständiger“ ist nicht geschützt; es besteht somit keine Garantie für formelle Prüf- oder Eignungsstandards.
Zertifizierte Experten wiederum haben zwar eine unabhängige Akkreditierung nach internationaler Norm, besitzen jedoch nicht das hoheitliche Träger- und Reputationsmerkmal der öffentlichen Bestellung. Sie können bei Bedarf von Gerichten hinzugezogen werden, wenn kein ö. b. u. v.-Sachverständiger verfügbar ist.
Rechtliche Grundlagen und Berufsbezeichnung
Qualifikation und Anforderungen
Merkmal |
Ö. b. u. v.-Sachverständiger |
Nicht öffentlich bestellter Sachverständiger |
Nachweis besonderer Sachkunde |
Zertifikate, Zeugnisse, Gutachten, Fachgremienprüfung |
Beliebige fachliche Qualifikation, keine formelle Prüfung |
Eid / Vereidigung |
Ja: Objektivität, Unparteilichkeit, Vertraulichkeit |
Nein |
Fortbildungspflicht |
Regelmäßige Fortbildungsnachweise |
Freiwillig |
Qualitätskontrolle |
Institutionelle Zwangsaufsicht durch Bestellungsbehörde |
Keine öffentliche Überprüfung |
Befugnisse und Haftung
Anwendungsbereiche und Akzeptanz
Fazit
Die öffentliche Bestellung und Vereidigung sind das zentrale Qualitätssiegel für Sachverständige in Deutschland. Sie garantieren formelle Prüfung, hoheitliche Befugnisse und eine geschützte Berufsbezeichnung. Nicht öffentlich bestellte Sachverständige punkten mit Flexibilität und oft kürzeren Verfahrenswegen, müssen sich aber durch freie Qualifikationsnachweise und individuelle Zertifizierungen bewähren. Je nach Einsatzzweck – Gerichtsgutachten versus privates Fachgutachten – entscheidet sich die passende Sachverständigenwahl.